Dienstag, 3. Juni 2008

Iserlohn Roosters: Schmidt und Wolf im wohlverdienten Sommerurlaub


foto: Iserlohn Roosters

Chris Schmidt hat Urlaub. Über neun Monate nach dem ersten Schlittschuhschritt der Saison auf Iserlohner Eis, kann `Schmiddi´ abschalten. „Ich bin müde und kann die Pause gebrauchen“, gähnt Deutschlands punktbester Nationalspieler der Weltmeisterschaft in Kanada erschöpft. Schmidt ist in seiner Heimat angekommen. In Beaver Lodge, einem kleinen 2000-Seelen-Örtchen in der kanadischen Provinz Alberta, hat Schmidts Vater eine 200 Hektar große Farm. „Unser Haus steht vier bis fünf Kilometer von der Stadt entfernt – hier herrscht absolute Stille – und die entspannt mich wirklich!“

Jahr für Jahr zieht es Schmidt zu seinen Eltern, nicht zum Golfspielen, sondern um die Familie zu genießen. Nähe gibt es seit dem Eishockeyjob in Deutschland nur im Sommer, deshalb zelebriert Familie Schmidt die gemeinsame Zeit. Die hatten die Schmidts schon in WM-Tagen. Natürlich wollten die stolzen Eltern ihren Sohn in Halifax live erleben. „Insbesondere für meinen Vater war es etwas besonderes, mich in Kanada für Deutschland spielen zu sehen“, strahlt Schmidt. Zum ersten Mal konnte er seine alte und seine neue Heimat in Kombination erleben. „Ich glaube, er war sehr stolz auf mich!“

Vielleicht war es auch die Anwesenheit seiner Eltern, die Chris Schmidt zum vielleicht besten deutschen Spieler gemacht hat. „Ich bin nicht der beste Spieler der WM gewesen“, wehrt Schmidt ab, er hätte lediglich Schussglück gehabt, mehr nicht. Abstreiten aber hilft nicht. In einem waren sich alle Journalisten sicher: Schmidt, der Deutsch-Kanadier, war die positive Überraschung der DEB-Saison. Aber auch die negative betraf ihn indirekt. Es war sein Verteidigungspartner Jason Holland (ERC Ingolstadt), der während der WM aufgrund eines Formfehlers des Eishockeybundes die Heimreise antreten musste. „Ich war wirklich traurig, es hat mir leid getan, was `Holli´ da passiert ist“, erinnert sich Schmidt. Dennoch habe das WM-Leben weitergehen müssen.

All diese Ereignisse versucht Schmidt aber jetzt erstmal aus dem Kopf zu kriegen. Urlaub in Beaver Lodge ist nicht das gemütliche Abhängen auf dem Golfplatz („Ich spiele nicht so gerne Golf!“), sondern Arbeit auf der Farm seines Vaters. „Farmer in Kanada zu sein, ist nicht so einfach – man kann eigentlich nicht davon leben“, erklärt Schmidt. Nebenbei arbeitet sein Vater deshalb als Elektriker. Statt im Liegestuhl abzuhängen, repariert Chris in seinen Urlaubstagen die Weidezäune und Mauern auf dem riesigen Grundstück. „Dabei bekomme ich den Kopf wirklich frei!“

Viele Tausend Kilometer weiter östlich bereitet sich auch Roosterstürmer Michael Wolf nach den Nationalmannschaftsstrapazen auf den Urlaub vor. „Es geht in die Flitterwochen“, grinst der 26-jährige und schaut hinüber zu Ehefrau Stephanie. Die ist gerade mit dem dekorieren der neuen Wohnung beschäftigt und hat sich lange geduldet. Kurz vor der letzten DEL-Saison haben sich beide in ihrer Heimatstadt Füssen das `Ja-Wort´ gegeben und mussten über ein Jahr warten, bis nach der Hochzeit auch die Flitterwochen beginnen können. „Wir fliegen auf die Malediven und lassen mal die Seele baumeln“, sagt Wolf.

Wolf ohne Hockey – das können sich selbst die kühnsten Optimisten kaum vorstellen. Zwar kehrte der Torschützenkönig der DEL nach der WM für ein paar Tage nach Füssen zurück, doch schon auf dem Weg nach Iserlohn stand er für die Highlander Lüdenscheid in der 1. Inlineskater-Bundesliga auf dem Feld und schoss ganz nebenbei drei Tore. „Das war doch kein Stress“, sagt Wolfi und plant direkt nach seiner Rückkehr aus dem Inselparadies seine Teilnahme an den Inline-Weltmeisterschaften. Gefragt, ob sein Körper nicht eigentlich ein paar Tage länger Ruhe bräuchte, kann Michael nur lächeln. „Irgendwann muss ich doch wieder anfangen zu trainieren – das kann ich auch bei der WM tun!“

Es hat länger gedauert bis Wolf sein Lächeln wiedergefunden hat. Zwar wählte ihn der Eishockeyweltverband IIHF zu einem der drei besten deutschen Spieler der WM, Wolf selbst war mit seiner Leistung bei den Titelkämpfen auch Wochen später nicht zufrieden. „Ich habe nicht das umsetzen können, was ich erhofft hatte“, so Wolf. Tore hätte er schießen wollen, am besten am Fließband und weil ihm genau das nicht gelungen ist, empfindet er die Zeit im kanadischen Halifax als Enttäuschung.

Ob das auch damit zusammenhängt, dass sich bislang nicht ein einziger NHL-Manager bei ihm gemeldet hat, um ihm zu einem Trainingslager einzuladen? „Selbst wenn das passiert wäre oder passieren würde, müsste ich genau überlegen, ob ich dieses Angebot annehmen würde“, sagt Wolf ehrlich. Für den Familienmenschen wäre es sicherlich ein mehr als gewagter Schritt sich mit einem Zwei-Wege-Vertrag aus der zweitklassigen AHL in die NHL hochzuarbeiten. „Noch aber ist gar nichts passiert und ich gehe davon aus, dass ich am 1. August in Iserlohn zum Training erscheinen werde!“

Für die Iserlohn Roosters selbst wäre der Abgang Wolfs natürlich ein herber Verlust, dennoch sagt Manager Karsten Mende: „Wir würden es ihm von Herzen gönnen!“ Erstmal aber muss sich der Club mit diesem Szenario nicht beschäftigen. Stattdessen freuen sich die Roosters über ihre beiden Nationalspieler und hoffen, dass beide ihrem Club aus dem Sauerland auch in der kommenden Saison Ehre machen werden, so wie Wolf und Schmidt es in den vergangenen Wochen und Monaten mit ihren herausragenden Leistungen getan haben.

Iserlohn Roosters

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